Gottes Großfamilie – ich bin dabei! Weil Jesus uns verbindet.

Jesu wahre Verwandte

 

Und es kamen seine Mutter und seine Brüder und standen draußen, schickten zu ihm und ließen ihn rufen. Und das Volk saß um ihn. Und sie sprachen zu ihm: Siehe, deine Mutter und deine Brüder und deine Schwestern draußen fragen nach dir. Und er antwortete ihnen und sprach: Wer ist meine Mutter und meine Brüder? Und er sah ringsum auf die, die um ihn im Kreise saßen, und sprach: Siehe, das ist meine Mutter und das sind meine Brüder! Denn wer Gottes Willen tut, der ist mein Bruder und meine Schwester und meine Mutter.

 

Liebe Schwestern und Brüder!

 

Diese Anrede ist in christlichen Kreisen ziemlich in Vergessenheit geraten. Oder?

„Liebe Gemeinde“ hört man oft – aber „Liebe Schwestern und Brüder“ sagt noch etwas anderes aus.

 

Es drückt aus: Du bist mehr als Teil einer Organisation – mehr als nur Mitglied einer Gemeinde, in die du vielleicht hineingetauft wurdest.
Du bist Schwester.
Du bist Bruder.

 

Ich habe eine Schwester – blutsverwandt. Ein Mensch, der mich mein Leben lang begleitet. Wir verstehen uns, wir können miteinander reden, und wir brauchen keine Zeit, um „warm zu werden“. Es ist unkompliziert und einfach. Auch ohne viel Worte!

Da ist etwas, das uns verbindet – und das ist wunderbar!

 

Auch wir als Pfarrgemeinde sind miteinander verbunden. Darauf komme ich später noch zurück.

Heute möchte ich mit euch fünf Punkte anschauen:

 

1.     Jesus bringt eine überraschende Familien-Definition.

 

2.     Nähe zu Jesus ist keine Frage der Abstammung.

 

3.     Wer den Willen Gottes tut, gehört zur Familie.

 

4.     Gottes Willen tun – was heißt das?

 

5.     Was heißt das für uns heute?

 

 

 

1. Jesus bringt eine überraschende Familien-Definition

 

Jesus bricht (scheinbar) mit der damals – und eigentlich auch heute – selbstverständlichen Vorstellung, dass die engste Bindung die Blutsverwandtschaft ist.

 

„Wer ist meine Mutter, und wer sind meine Brüder?“ – Ja, wer wohl?

Die, die draußen stehen! Und doch: Wer steht da?

Jesus stellt eine neue Sicht in den Raum: Familie wird durch die Zugehörigkeit zu Gott definiert.

 

Das klingt radikal – für seine Zeit fast schon anstößig – und es fordert heraus.

Da stehen also Maria und Jesu Brüder vor der Tür. Die Jünger sagen es ihm – und er reagiert so.

 

Zurück zu meiner Schwester:

Sie lebt in der Obersteiermark. Alle paar Jahre besucht sie mich, und ich besuche sie einige Male im Jahr. Wenn ich mich ankündige, kocht sie für ihren Bruder auf, wir essen gut, freuen uns, dass wir uns haben, und genießen die vertraute Gemeinschaft. Wir telefonieren auch oft.

Es wäre sehr befremdlich für sie, wenn ich sagen würde: „Wer bist du? Das hier sind meine Brüder und Schwestern.“

 

Doch das, was hier im Wort Gottes gemeint ist, geht tiefer. Es öffnet den Horizont und legt eine größere, weitere Perspektive: Jeder Mensch ist ein wunderbarer Schatz Gottes.

Ja, Blutsverwandtschaft ist wichtig. Aber unser Sein als Kinder Gottes – als Kirche in der Welt – erweitert unseren Blick für diese Großfamilie Gottes und die damit verbundene Verantwortung.

 

2. Nähe zu Jesus ist keine Frage der Abstammung

 

Seine Mutter und Brüder stehen „draußen“. Das ist mehr als eine Ortsangabe – es ist auch ein geistliches Bild:

Nähe zu Jesus bedeutet nicht, in der „richtigen“ Familie geboren zu sein, sondern in einer Haltung zu leben, die Gottes Willen sucht und tut.

 

Man kann Jesus ganz nah sein – räumlich oder kirchlich – und doch innerlich „draußen“ stehen.

Und umgekehrt: Man kann äußerlich weit weg sein und doch innerlich von ihm angesprochen werden.

 

Bei mir war es so:

Meine Eltern – weder mein Vater noch meine Mutter – hatten eine enge persönliche Beziehung zu Jesus oder zur Kirche. Mein Glaube war kein Erbe meiner Eltern, sondern mein ganz persönliches Entdecken.

Das „vor der Tür stehen“, das Anklopfen, das Öffnen – und dann das Eingeladenwerden in die Nähe Jesu.

 

Nähe zu Jesus ist keine Frage der Abstammung, sondern des Rufes.

Ich höre etwas – und bin bereit, es zuzulassen, in mein Herz zu lassen – und hineinzutreten.

 

Reicht es, wenn meine Oma geglaubt hat (die übrigens Jesus liebte), oder mein Vater, der im späten Alter sein Leben änderte und Jesus nahe kam, oder meine Mutter, die im Sterben wusste, wohin sie geht, Heim zu Jesus!

Das alles ist für mich ein großes Geschenk und Vorbild – aber es ersetzt nicht meinen eigenen Glauben.

 

Jesus öffnet die Tür und sagt: „Ihr da, du da, ja – du bist mein Bruder, du bist meine Schwester.“
Glaube ist Geschenk, nicht vererbbar von Eltern auf Kinder, nicht kaufbar durch Kirchenmitgliedschaft.

 

3. Wer den Willen Gottes tut, gehört zur Familie

 

Jesu Blick in den Kreis um ihn ist liebevoll und verbindlich: „Das sind meine Mutter und meine Brüder!“

Die Gemeinschaft der Glaubenden ist keine Zweckgemeinschaft, sondern eine Familie – mit allen Rechten und Pflichten. Wir tragen füreinander Verantwortung.

 

Aufgenommen sein, angenommen sein – genau so, wie man ist.
Glaube ist eine persönliche Entscheidung – ein bewusstes Ja, nachdem Jesus an unser Herz geklopft hat.

Und dann diese Antwort: „Ja, ich will Begegnung mit dir! Ja, ich will Teil der bunten Großfamilie Gottes sein!“

 

Der Wille Gottes?

Beziehung und Begegnung – mit dir, mit mir, mit allen Menschen. Liebe, die das Leben umfasst und verändert.

 

 

 

4. Gottes Willen tun – was heißt das?

 

Gottes Wille ist in Jesus sichtbar geworden: Menschen begegnen, ihnen Würde schenken, sie lieben – auch wenn sie unbequem sind.

Es geht nicht um Perfektion, sondern um eine Haltung: bereit zu sein, Gottes Weg zu gehen, auch wenn er uns aus der Komfortzone ruft.

 

Gottes Willen tun heißt nicht, den anderen mit meiner Meinung zu überfahren, sondern aus seiner Liebe zu leben.

Jesus hat sein Blut für uns gegeben – damit sind wir geistlich gesehen Blutsverwandte.

 

Gottes Willen tun heißt: sich berühren und verändern lassen – in unserer Schwachheit. Wir Christen brauchen Christus, um ganz Mensch zu werden und zu bleiben.

Das heißt auch, meinen Nächsten zu lieben – selbst den, der mir auf die Nerven geht oder mich verletzt.

 

 

 

5. Was heißt das für uns heute?

 

Kirche ist kein Verein zur Befriedigung religiöser Bedürfnisse oder zur „Besorgung“ der letzten Dinge wie Beerdigungen.
Kirche ist der Ort der Begegnung mit Gottes Großfamilie – wo Gemeinschaft aus der Tiefe des Glaubens gelebt wird.

Nicht um zu zeigen, dass wir besser sind – sondern dass wir Familie sind, die trotz aller Unterschiede und Zerbrüche gemeinsam unterwegs ist.

 

Aus diesem Blick heraus zählt weder Herkunft noch Stammbaum, sondern das verbindende Blut Christi.

Er hat unsere Schuld auf sich genommen, um das Zerbrochene zu heilen.

Er verändert uns und lässt uns erkennen: Ich bin ein geliebtes Kind Gottes – du bist ein geliebtes Kind Gottes.

 

Gemeinsam sind wir Familie Gottes – auch mit denen, die uns nicht „in den Kram passen“.

Wir gehören zusammen.
Gemeinsam wagen wir Beziehung – miteinander und vor allem mit Jesus.

 

Liebe Schwestern und Brüder, wir haben akuten Handlungsbedarf:

mehr und mehr zu dieser „Großfamilie Gottes“ zu werden.

 

Gottes Großfamilie – ich bin dabei!
Weil Jesus uns verbindet.

 

Bist du dazu bereit?

Möchtest du diese Beziehung mit Jesus wagen?
Wenn du spürst, dass er dich ruft, dann lade ihn ein – in dein Herz und in dein Leben.

Sag ihm: „Jesus, komm in mein Herz.“

 

Amen.